Freeontour-Wandertipp aus dem Rother Wanderbuch Weinwandern Fränkisches Weinland: Castell Silvanerresidenz seit 1659 heißt es auf Schildern, die den Reisenden am Ortseingang begrüßen. Sie machen darauf aufmerksam, dass in einem hiesigen Weinberg die ersten Silvanerreben Frankens gepflanzt wurden. Anlass genug, um die reizvolle Gegend zwischen Friedrichsberg und Schwanberg näher zu erkunden.
Die Route führt durch fünf Casteller Lagen (Hohnart, Schlossberg, Reitsteig, Kirchberg und Kugelspiel) sowie den Greuther Bastel im benachbarten Ortsteil. Wer die Wanderung in flüssiger Form auf dem Gaumen nachempfinden will, hat dazu im Fürstlichen Domänenamt, bei den Winzern in Greuth (Weingut Brügel, Weinbau Meyer) und den Casteller Gasthäusern Gelegenheit.

Daten & Fakten zur Wanderung
Schwierigkeitsgrad: mittel
Dauer: 3 Stunden, 30 Minuten
Länge: 12,8 km
Höhenunterschied: 260 m
Ausgangspunkt: Castell, Infopavillon an der B 286 gegenüber dem Gasthaus Zum Schwan, 316 m. Anfahrt mit eigenem Fahrzeug über A 3 (Ausfahrt Wiesentheid), B 286 bis Castell, Parkplatz in der Ortsmitte. Anreise per Bahn bis Kitzingen, dann mit Bus 8111 bis Castell; oder mit Bus Dorfschätze-Express von Iphofen.
Anforderungen: Pfade, Flur- und Waldwege wechseln sich ab. Das erste und letzte Drittel bieten kaum Schatten, im zweiten dominiert der Buchenwald.
Markierung: C5, ohne Markierung, Steigerwald-Panoramaweg, ohne Markierung, TraumRunde Castell, Kelten-Erlebnisweg / Kammweg (roter Löffel), C5.
Karte: ATK25 Blatt E06 Volkach 1:25.000 (LDBV Bayern)
Einkehr:
- Weinstall Castell, Schlossplatz 3, 97355 Castell, Mo u. Di Ruhetag, gehobene Küche mit regionalen Produkten, große Auswahl von Weinen des Domänenamtes, in den warmen Monaten lädt die Terrasse zum Verweilen ein.
- Gasthaus Zum Schwan, Birklinger Str. 2, 97355 Castell, Di u. Mi Ruhetag, regionale und saisonale Küche, der Küchenchef Christian Kreß bietet seinen Gästen solide regionale und saisonale Gerichte, im Sommer ist die Terrasse der beliebteste Platz, große Auswahl an Weinen aus Castell und Umgebung.
- Casteller Weingarten, Schützenhausstraße 1, 97335 Castell, Mai bis Oktober an Wochenenden geöffnet (Fahne muss gehisst sein, sonst ist geschlossen), kleine Gerichte, Brotzeiten, Kaffee und Kuchen, sonntags auch warme Gerichte.
Weintipps:
- Fürstlich Castell’sches Domänenamt, Schlossplatz 5, 97355 Castell. Die lange Silvanertradition verlangt nach einem Schloss Castell Silvaner.
- Weingut Brügel, Hauptstraße 49, 97355 Castell, Ortsteil Greuth. Der Silvaner und der Spätburgunder aus Brügels Pur-Linie überzeugten uns.
Tipps:
- Im April leuchten in den Lagen Kirchberg und Bausch die gelben Wildtulpen. Dazu werden Führungen angeboten.
- Die Museumsscheune am Rathausplatz gibt einen Überblick über den örtlichen Weinbau. Abrufbar ist ein vom BR produzierter 15-minütiger Film über das Weinjahr in Castell. Besonders berücksichtigt wird dabei natürlich der Silvaner (März bis Oktober. von 10 bis 18 Uhr geöffnet, Eintritt frei).

Beschreibung der Wanderung
Am Informationspavillon in Castell (1) folgt man zunächst dem Zeichen C5. Von der nach Greuth führenden Straße führt rechts ein Weg in den als englischer Garten angelegten Schlosspark. Man hält sich links parallel zur Straße, passiert den Teich, rechts oben thront das neue Schloss. Am Ende des Parks stößt man auf einen Wirtschaftsweg, hier wandert man nach rechts und folgt an der Abzweigung dem nach links weisenden Schild Zum Silvaner. Der Weg führt langsam ansteigend zur Lage Hohnart mit dem Silvanerdenkmal (2), das an die Pflanzung der ersten Reben 1659 erinnert. Von hier hat man eine schöne Sicht auf den Ort mit der Barockkirche und den Treppenturm des alten Schlosses auf dem Berg. Allerdings nicht hier, sondern in der Lage Reitstall unterhalb des Schlossbergs, wuchs der erste Silvaner.
Die Markierung lenkt am Denkmal vorbei auf den Kamm des Hohnarts. Wo das C5-Zeichen nach rechts ins Tal weist, wandert man im Linksbogen auf einem Grasweg weiter. Nach knapp 50 m stößt man auf einen befestigten Flurweg. Hier rechts halten und in die vor einem liegende Senke wandern. An der T-Kreuzung geht es nach links, jetzt mit dem kaum noch erkennbaren Zeichen Steigerwald-Weinwanderweg, das ins Straßendorf Greuth lenkt. An der Hauptstraße nach rechts und geradeaus, vorbei am Weingut Brügel. Am Ortsende links durch die Neubausiedlung und an der T-Kreuzung wieder rechts. Nach etwa 5 Minuten zweigt der Steigerwald-Weinwanderweg nach Abtswind ab, man wandert ohne Markierung geradeaus auf die Rebhänge des Greuther Bastel zu. Nachdem man das verrostete Tor des Gatters passiert hat, wendet man sich am ersten Querweg nach links, an der nächsten Abzweigung nach rechts und steigt geradeaus hoch bis zum Rastplatz Greuther Bastel (3), der einen weiten Ausblick aufs Vorland und die Hänge des Steigerwaldes bietet.

Nach der Verschnaufpause orientiert man sich am Zeichen TraumRunde Castell. Durch die Tür am Gatter gelangt man in den Wald. Der Weg steigt langsam hinauf bis zur Wegspinne am Friedrichsberg (4). Da das alte Jagdhaus nicht mehr bewirtschaftet ist, lohnt es sich auch nicht, den Aussichtspunkt aufzusuchen. Deshalb wendet man sich scharf nach rechts und tritt den Rückweg an, geleitet von den Markierungen TraumRunde Castell, Steigerwald-Panoramaweg und roter Löffel (Kammweg). Eine gute Stunde geht es nun durch Wald. Dabei quert man die Straße Greuth–Stierhöfstetten, taucht wieder in den Forst ein und kommt an zwei Grabhügeln aus der Keltenzeit vorbei. Wo die TraumRunden-Markierung nach links weist, wandert man halb rechts auf dem Kammweg weiter bis zum Wanderparkplatz Casteller Schlossberg, quert die Straße Castell–Wüstenfelden und bleibt auf dem Hauptweg bis der Wald den Blick freigibt. Unverhofft steht man an der Stelle, die 2012 bei einer Internetabstimmung der Deutschen Tourismuszentrale und des Deutschen Weininstituts zur schönsten Weinsicht Frankens (5) gekürt wurde.
Eine drei Meter hohe Stele mit stilisierter Weintraube erinnert an diese Aktion, die auch in den anderen zwölf Weinbaugebieten jeweils einen Sieger hervorgebracht hat. Doch auch ohne den in Stahl gefrästen Hinweis wäre jeder Mensch mit Sinn für Schönheit von dem atemberaubenden Panorama fasziniert: Vor einem erhebt sich der von Kastanien bekrönte Schlossberg, dahinter sind Schellenberg und Kugelspielberg zu erkennen. Ein paar Schritte weiter entdeckt man den Treppenturm des alten Schlosses und die Gerichtslinde. Tafeln klären über die historischen Zusammenhänge auf. Der Aufstieg auf das Plateau wird mit einer grandiosen Sicht auf das Vorland, die Mainebene und den Schwanberg belohnt.

Für den Rest der Wanderung orientiert man sich an der Markierung C5 (anfangs auch Steigerwald-Panoramaweg), die Wanderer in Kehren durch die Lage Schlossberg leitet. Auf dem von Tonschiefer sowie weißen und rosa Alabasterblöcken durchzogenen Keuper gedeihen große Gewächse, vornehmlich Silvaner und Riesling. Am unteren Südhang stößt man auf die kleine Lage Reitsteig, deren lehmig-toniger Boden dem Rotwein vorbehalten ist. Erste Hinweise auf den Anbau roter Sorten finden sich in den Archiven der Grafen im Jahr 1566. Der dem Marmor ähnliche Alabaster fand im Altar der Casteller Kirche, aber auch in der Klosterkirche von Ebrach Verwendung). Am Fuß des Schlossbergs verlässt man den Hauptweg und biegt mit C5 links in die Lage Kirchberg ein, an deren Ende kommt man zur B 286. Man überquert die verkehrsreiche Straße und steigt durch die Rebhänge des Kugelspielbergs hoch bis zum Rastplatz (6) mit Blick auf Castell und den Schlossberg. Mit den Markierungen C5 (auch roter Löffel, Steigerwald-Weinwanderweg) wandert man auf der anderen Seite des Kugelspielberges wieder zurück zum Infopavillon in Castell (1). Zur Kirche (sehenswert: der Kanzelaltar und die doppelgeschossige Empore), zur Museumsscheune, zum Schloss und zum Weinstall gelangt man über die Straßen Im Unterdorf und Kniebrecher.
Weinwissen aus der Region
Am 6. Apriles anno 1659, so steht es in einer Urkunde der Grafen von Castell, wurde der erste Silvaner, damals Österreicher genannt, in der Lage Reitsteig gepflanzt. Die 25 Fechser (Reben) hatten Mönche des Klosters Ebrach aus österreichischen Tochterklöstern mitgebracht – daher die bis zum frühen 20. Jahrhundert ebenfalls gebräuchliche Bezeichnung Österreicher. Der Silvaner kam zum richtigen Zeitpunkt nach Franken. Damals lag der Weinbau als Folge des Dreißigjährigen Krieges und einer Kälteperiode am Boden. Gesucht und gefunden wurde eine Rebe, die spät austrieb und damit den Frösten im Frühjahr widerstehen konnte: der Silvaner. Auf den Keuper- und Muschelkalkhängen fand er ideale Bedingungen.
Eine Kuriosität sei noch am Rande vermerkt: Im Frühjahr 1963 traf sich im Casteller Schloss die Crème de la Crème des fränkischen Weinbaus, um über eine attraktivere Bezeichnung für die als Mainriesling vermarktete Kreuzung aus Riesling und Silvaner nachzusinnen. Das Ergebnis war ein Kunstwort, das sich aus den Namen der Elternteile zusammensetzt: Rieslaner. Übrigens: Silvaneranteile stecken auch in anderen Neuzüchtungen wie Scheurebe, Morio-Muskat, Bacchus und Regent.

Lust auf weitere Weinwanderungen in Franken?
Die hier vorgestellte Tour rund um Castell sowie 49 weitere Wanderungen in Franken gibt es im Rother Wanderbuch Weinwandern Fränkisches Weinland mit Taubertal. Das Wanderbuch umfasst kurze Spaziergänge im Weinberg ebenso wie ausgedehnte Tagestouren von Weinort zu Weinort. Übrigens sind alle Touren auch mit Bahn oder Bus erreichbar, sodass keiner auf den Weingenuss verzichten muss.