Aceto Balsamico, Parmigiano, Lambrusco, Parmaschinken und vieles mehr – die Originale sind in der Emilia Romagna zu Hause. Im Herbst setzt die norditalienische Schlemmerregion mit beispielsweise Trüffeln, Maronen und Kürbis kulinarisch sogar noch einmal einen drauf. Hier gibt es vier Tipps zu kulinarischen Highlights, die man im Rahmen einer Wohnmobil Tour durch die Emilia Romagna nicht verpassen sollte.
Aktueller Hinweis: Nach den Überschwemmungen und Unwettern in der Emilia-Romagna Mitte Mai 2023 ist der größte Teil der Region nach Angaben der lokalen Tourismusorganisation mittlerweile (Stand: 12. Juni 2023) wieder für Urlauber und Touristen zugänglich. Auch die Autobahn A14 ist wieder für den Verkehr freigegeben. Auch die Strände, touristischen Sightseeingziele und Museen in der Region sind wieder für Besucher geöffnet. Detaillierte Informationen gibt die Tourismusorganisation der Emilia-Romagna.
Freeontour Tipp 1: Besuch einer traditionellen Acetaia
Ob Parmigiano-Reggiano, Aceto Balsamico Tradizionale oder auch Parmaschinken – einige der international bekanntesten Spezialitäten Italiens haben ihren Ursprung in der Emilia Romagna. Ein wichtiges kulinarisches Zentrum ist dabei die Stadt Modena. Wer aber glaubt, der hier heimische Aceto Balsamico Tradizionale habe irgendetwas mit dem aus den Supermärkten bekannten Aceto Balsamico di Modena gemein, irrt gewaltig. Denn dieser wird meist industriell innerhalb weniger Tage aus alkoholischer Flüssigkeit hergestellt. Im Gegensatz dazu sind viele Jahre nötig, damit der Aceto Balsamico Tradizionale, der seit dem Jahr 2000 die geschützte Herkunftsbezeichnung D.O.P. trägt, seinen unnachahmlichen Geschmack entfalten kann. Warum das so ist, wird beim Besuch einer traditionellen Acetaia deutlich, von denen es rund um Modena heute noch etwa 50 Stück gibt. Meist verstecken sie sich im Dachgeschoss von Wohnhäusern. Denn hier herrschen mit hohen Temperaturen im Sommer und niedrigen im Winter beste Bedingungen, um den Gärungs-, Veressigungs- und Alterungsprozess zu fördern.
Hier dringen oft nur ein paar Sonnenstrahlen durch die abgedunkelten Fenster. Je nach Größe der Acetaia reihen sich zwischen 20 und mehreren hundert Holzfässer unterschiedlicher Größe aneinander. Es ist warm und stickig und Essiggeruch liegt in der Luft. In den Fässern lagert der Most von spät gelesenen - und dadurch besonders süßen - weißen Trebbiano-Trauben, die mit roten Lambrusco-Trauben oder Ancellotta-Trauben vermischt werden. Nach der Ernte werden sie sofort gepresst. Im Anschluss wird der Most bis zu 18 Stunden gekocht, dabei auf etwa ein Drittel reduziert und in ein Holzfass, das sogenannte Mutterfass, abgefüllt. In diesem findet die erste natürliche Gärung statt. Der weitere Herstellungsprozess findet in Fässergruppen bestehend aus mindestens fünf Fässern aus verschiedenen Holzarten und in absteigenden Größen statt - und zwar über viele Jahre. Denn der Aceto Balsamico Tradizionale (ABT) muss mindestens zwölf Jahre lagern, beim ABT Extravecchio sind es sogar 25 Jahre. Im Laufe dieser Zeit wird der Essig zunehmend dickflüssiger und konzentrierter und wird nach und nach in die jeweils kleineren Fässer umgefüllt. In einer Acetaia mit beispielsweise insgesamt 70 Holzfässern unterschiedlicher Größe entstehen auf diese Weise pro Jahr gerade einmal 24 Liter Aceto Balsamico Tradizionale D.O.P.
Das erklärt auch den hohen Preis der streng kontrollierten Flüssigkeit, von der jährlich insgesamt nur etwa 100.000 Fläschchen á 100 ml in den etwa 50 Acetaias rund um Modena hergestellt werden: Rund 50 Euro müssen Feinschmecker für eine Flasche des zwölfjährigen Aceto Balsamico Tradizionale Affinato auf den Tisch legen, für den 25-jährigen Extravecchio sind es sogar um die 100 Euro. Entsprechend sparsam sollte man die dickflüssige Köstlichkeit auch in der Küche einsetzen und nicht unbedingt für Salatdressings vergeuden. Traditionelle Restaurants rund um Modena setzen kreieren mit nur ein paar Tropfen des leicht süßlichen Balsamicos wahre Gaumenfreuden - beispielsweise auf Vanilleeis, Erdbeeren, geräucherter Entenbrust, Risotto oder ganz einfach nur auf einem kleinen Brocken Parmigiano-Reggiano. Wer eine traditionelle Acetaia besuchen möchte oder Tipps zu Restaurants mit lokaler Küche in und um Modena benötigt, wird auf der Website von Visit Modena fündig.
Freeontour-Tipp 2: Besuch in einer Parmigiano Reggiano Käserei
Dass in Restaurants, die in der Emilia Romagna etwas auf sich halten, ausschließlich der originale Parmigiano Reggiano auf den Tisch kommt, versteht sich von selbst. Schließlich wird dieser Hartkäse schon seit mehr als 800 Jahren in der Region hergestellt – eine Tradition, die zwar fast so alt ist, wie die des Balsamico, aber nicht annähernd so exklusiv. In zahlreichen Käsereien der Emilia Romagna wird der goldgelbe Parmigiano für den Weltmarkt hergestellt. Führungen mit Verkostung vermittelt das Schutzkonsortium „Consorzio del Formaggio Parmigiano Reggiano“, beispielsweise in der Bio-Parmesankäserei „Hombre“ in Cittanova bei Modena. Intensiver Käseduft hängt hier in der Luft. In der Lagerhalle stapeln sich riesige 40-kg-Parmesanlaiber, in denen jeweils bis zu 600 Liter Milch stecken, in fünf Reihen bis unters Dach. sie haben bereits 30 Tage im Salzwasser hinter und eine Reifezeit von ein bis drei Jahren vor sich, bevor sie ihr Qualitäts-Brandzeichen erhalten. Ein wesentlicher Unterschied zum ebenfalls in Norditalien beheimateten Hartkäse Grana Padano liegt übrigens im Futter: Kühe, deren Milch für den Parmigiano Reggiano benutzt wird, dürfen ausschließlich Gras, Heu und Getreide fressen. Silofutter ist verboten, da die Gärstoffe im Silo auch den Käse gären lassen würden. Theoretisch könnte dies durch Zusatzstoffe unterbunden werden, die in der Praxis aber beim originalen Parmigiano Reggiano nicht erlaubt sind.
Übrigens: Wer sich nicht nur für Käse, sondern auch für Autos interessiert, ist in der Bio-Käserei Hombre gleich doppelt richtig. Denn Umberto Panini, der verstorbene Vater des heutigen Besitzers und einer der Mitbegründer der Panini-Sammelbilder, hat auf dem Gelände eine der spektakulärsten privaten Oldtimersammlungen eingerichtet. Umgeben von Kuhställen, Molkerei, Verkaufslokal und Käselagerhalle verbergen sich in einer unscheinbaren Scheune Raritäten wie der Birdcage von 1963, ein Maserati Ghibli Cabriolet oder der Maserati 6C 34, von dem in den 1930er Jahren überhaupt nur vier Exemplare gebaut wurden. Auch einer der gelben Verkaufsautomaten, an dem die Jungs früher Schlange standen, um ihre Fußballbildchen zu ziehen, fehlt nicht.
Freeontour Tipp 3: Trüffelsuche im Appenin um Bologna
Aber nicht nur in Modena, der zweitgrößten Stadt der Emilia Romagna, gibt es kulinarische Highlights zu entdecken. Vor allem im Herbst läuft die lokale Küche zur Hochform auf. Denn jedes Jahr im Oktober und November findet in der Region das Trüffelfest tartufesta statt. Und das beinhaltet zahlreiche Märkte, Messen und Festivals in den verschiedenen Gemeinden des Weinanbaugebiets Colli Bolognese. Dabei dreht es sich natürlich auch um saisonale Produkte wie Wein, Steinpilze, Maronen und Kürbis, aber der unangefochtene kulinarische Star dieser Veranstaltungen ist die wertvolle weiße Trüffel, die in den Hügeln von Bologna und Umgebung zu finden ist. Entsprechend begeben sich in dieser Zeit auch zahlreiche Trüffelsammler auf die Hügel des Apennins nahe Bologna, um mit speziell ausgebildeten Trüffelsuch-Hunden - den Lagottos - auf die Suche nach den wertvollen Knollen zu gehen.
Manche von ihnen bieten in diesem Rahmen auch geführte Wanderungen mit Trüffelkunde an. Trüffelsammler Graziano Zivieri ist nicht nur schon seit Jahren dabei, sondern auch davon überzeugt, dass es in den Hügeln von Monzuno sogar bessere Bodenbedingungen für die Trüffeln gibt, als im Piemont. Um als Urlauber in den Genuss der frischen Spezialität zu kommen, gehört allerdings ein wenig Glück und Ortskenntnis dazu: Denn Trüffelgerichte stehen meist nicht auf der offiziellen Speisekarte der Restaurants. Meist muss man speziell danach fragen, weil die Gastwirte vor allem mit der weißen Knolle sehr sparsam umgehen. Das gilt besonders in einem schlechten Erntejahr. im Rahmen des Trüffelfests gibt es aber auch Restaurants, die spezielle Trüffel-Verkostungsmenüs anbieten. Dabei wird Wert gelegt auf dezente Speisen, damit die weiße Trüffel als Star des Menüs hervorstechen kann. Der Freeontour-Tipp: hausgemachte, in Butter geschwenkte Pasta, die mit roher, fein gehobelter weißer Trüffel überstreut wird.
Freeontour Tipp 4: Deftiger Abstecher aufs Land und an die Küste
Während in den Restaurants rund um die Städte Modena und Bologna auch gerne einmal die traditionelle mit der modernen, experimentalen Küche kombiniert wird, geht es aus kulinarischer Sicht in den ländlichen Bezirken der Emilia Romagna traditionell meist eher deftig zu. Das ist zum Beispiel im Restaurant des Agritourismo La Rocchetta in S. Egidio in der Nähe von Ferrara der Fall, bei dem es auch einen Stellplatz für bis zu zehn Wohnmobile gibt. Hier wird die althergebrachte Esskultur der Region aufrechterhalten. Ob verschiedene Salami- und Käsesorten, Marmeladen, Fleisch, Obst, Gemüse oder Kräuter – so weit möglich werden in der Küche ausschließlich Rohwaren aus eigener Produktion oder der Umgebung genutzt. Die Spezialität sind hier die Cappellacci – eine in der Region heimische, ravioliähnliche Nudelart. Im Herbst werden die hausgemachten, kleinen Pastateile vorzugsweise mit einem speziellen Kürbisragout gefüllt. Wie viel Fingerfertigkeit dafür erforderlich ist, kann man auch selbst in einem der Kochkurse ausprobieren, die hier manchmal für interessierte Gäste auf Anfrage angeboten werden.
Zwischen Anfang Mai und Ende Oktober bieten außerdem zahlreiche Sagras in der Region die Möglichkeit, lokale Spezialitäten kennen zu lernen. Diese kulinarischen Volksfeste stellen ein bestimmtes Produkt in den Mittelpunkt. So dreht sich alljährlich an den ersten beiden Wochenenden im Oktober in der kleinen Lagunenstadt Comacchio kulinarisch alles um die unterschiedlichsten Aalgerichte – angefangen bei Risotto und Aalsuppe über süß-saure Aalkoteletts bis hin zu marinierten Filets und Räucheraal. Warum ausgerechnet Aal? Weil Comacchio mitten im Park des Po-Deltas liegt. Als Erbe des antiken Spina bietet die Lagunenstadt, die häufig mit Venedig verglichen wird, noch heute eine sehr gut erhaltene Altstadt mit ursprünglichem Aussehen. Einen besonderen Reiz haben auch Baudenkmäler wie die unverwechselbare Trepponti-Brücke mit den imposanten Treppen, der Dom San Cassiano aus dem 17. Jahrhundert, der elegante Palazzo Bellini und die charakteristische Manifattura dei Marinati - einer Fabrik für das Zubereiten und Marinieren der Aale. Denn der findet in der feuchten Umwelt der Lagunenseen schon seit Jahrhunderten einen natürlichen Lebensraum vor und hat lange Zeit sowohl das wirtschaftliche als auch das kulinarische Leben von Comacchio bestimmt.